Ganze Frage: Erst mal merci viel, viel mal für den coolen Telegram Chat - ich lese mega gerne darin spannende Fakten, tipps und Anregungen zu Sexualität!Am 29.03 hast du einen Beitrag zu spontanem Sex gepostet, welchen ich gerade gelesen habe. Er hat mich gepackt, da ich mich sehr fest in deinen Beschreibungen wiedererkannt habe, mit den Fantasien im voraus und den kleinen Ritualen zur Vorbereitung und Einstimmung, natürlich aber auch, weil ich leidenschaftlich gerne spontan sex habe. Oft habe ich jedoch das Gefühl, dass mir genau das dann zum Verhängnis wird, da ich fast zu vorbereitet bin, mir evtl. zu viele Hoffnungen mache und dann all zu oft frustriert oder sogar verletzt bin, wenn es dann doch wieder nicht klappt… Ich finde es eigentlich schön, wenn ich mir all die Fantasien ausmale und möchte davon auch nicht absehen, möchte aber gleichzeitig auch nicht wegen jeder Absage/Situtation die nicht wie gewünscht verlaufen ist an Frustration leiden. Ich möchte meinem Herz seinen Platz und seine Richtigkeit in dem was es fühlt zugestehen, fühle mich oft dann aber einsam, wenn niemand ähnlich zu fühlen scheint.Hast du mir hierzu irgendein Tipp oder Trick? Oder vielleicht eine Strategie im Umgang mit Frust und Schmerz?
Antwort: Danke für die wichtige Frage. Wie toll, dass du dich der Vorbereitung und Vorfreude hingeben kannst und dein Herz in dem, was es fühlt, ernst nimmst. So eine wertvolle Fähigkeit.
Es würde sich vielleicht lohnen, zu untersuchen, was ein Nein für dich bedeutet und bei dir auslöst. Erlebst du es als Zurückweisung? Kommen dann Gedanken, welche dir sagen, dass du nicht okay bist, so wie du bist und mit dem, was du möchtest? Also eine Art Scham? Und kannst du dich dann auch in dem ernst nehmen und in Verbindung mit dir bleiben, dich quasi mit dieser Erfahrung selbst in den Arm nehmen? Kannst du dich damit dir selbst und deinem Gegenüber zeigen und ausdrücken, was das Nein bei dir auslöst? Ohne Forderungen oder Vorwürfe, sondern einfach als «Bericht», was das Nein gerade mit dir macht? Kann daraus vielleicht eine andere Art von Verbindung zu deinem Gegenüber entstehen, die nicht zum Sex führt sondern zu ganz viel Verbindung, weil ihr euch ehrlich begegnet?
Es lohnt sich vielleicht auch, deine Fähigkeit mit einem Nein umgehen zu können, zu trainieren. Ich glaube, das können wir alle noch besser lernen! Das ist zum Beispiel bei meiner Konsensveranstaltung – Konsensuelle Umärmelungen – möglich, da erforschen wir mit üben und Übungen, wie es gelingt, mit dem Frust und Schmerz, der auftauchen kann bei einem Nein, umzugehen.
Vielleicht gelingt es dir auch, dem Nein des Gegenübers eine neue Bedeutung zu geben: Kannst du es als Geschenk sehen? Wenn dir jemand nein sagt, kannst du die Person darin unterstützen ihre Grenzen zu wahren, du trägst zu ihrer Unversehrtheit bei und du kannst sicher sein, dass dann auch das Ja von Herzen kommt. Dann werden Ja und Nein plötzlich authentisch und verlässlich. Übrigens; Nein sagen ist nur in Beziehungen möglich, die auf Vertrauen, Sicherheit und Wertschätzung beruhen. Nein ist quasi ein Qualitätsmerkmal.
Vielleicht gelingt es dir mit der Zeit immer mehr, deinen eigenen Frust/Schmerz zu spüren, anzunehmen und gleichzeitig Dankbarkeit zu fühlen, dass du ein Nein achten konntest.